Mittlerweile haben wir unseren Standort gewechselt. Durch die Lockerungen und die warmen Temperaturen hat sich der Platz, an dem wir bisher geparkt haben, in ein Festivalgelände verwandelt. An einem schönen Wochenende zählen wir locker 100 Autos. Dort wird gegrillt, getanzt und die ganze Nacht gefeiert.

Unsere Nachbarn haben uns gerettet und uns großzügigerweise angeboten, dass wir unser Auto auf ihrem Grundstück parken können. Noch dazu dürfen wir hier in ihrem Nebenhaus Bad, Waschmaschine etc. benützen. Sehr luxuriös!! Wir könnten auch dort im Haus übernachten, aber wir ziehen es vor, in unserem Auto zu bleiben.

Als der Schnee zu Hause in Österreich fällt, sind die Tage hier schon richtig lange. Weihnachten steht tatsächlich vor der Türe. Würde es in den Geschäften keine Weihnachtsdekoration geben, hätten wir eher auf ein bevorstehendes Osterfest getippt. Zwischen den nun vielen blühenden Blumen um unser Auto ist uns eher nach Eiersuchen als nach besinnlichen Weihnachtsliedern.

Als wir jedoch am Weihnachtsabend bei Henk und Jaqueline eingeladen sind, den Weihnachtsbaum und den schön dekorierten Tisch sehen, kommt doch noch ein bisschen Weihnachtsstimmung auf. Spätestens beim anschließenden Filmprogramm „Stirb langsam“, einem Klassiker, der auch bei uns zu Hause immer am 24. im Fernsehen gespielt wird.

Nach einem grünen Weihnachten starten wir eine Erkundungstour um die Insel und lassen das Jahr 2020 statt bei Fondue mit einer ordentlichen Grillerei ausklingen. Nur haben wir wirklich alle 4 Jahreszeiten hier verbracht. Und auch wenn es hier noch etliche Dinge zu sehen gibt, noch unzählige Berge und Lagunen, die es noch zu entdecken gilt, zieht es uns doch langsam weiter.

Die Provinzen im Norden haben schon für den Tourismus geöffnet und wir hören von anderen Reisenden, die sich nun nach all den Monaten wieder zwischen den Provinzen bewegen dürfen. Santa Cruz, die von uns aus gesehen nächste Provinz, kündigt nun auch eine Öffnung an und wir können es kaum glauben, dass es jetzt endlich so weit ist. Um aufs argentinische Festland und in die Provinz Santa Cruz zu kommen, müssen wir allerdings kurz durch Chile. Ein Abkommen zwischen den Ländern macht es möglich, dieses Stück als Transit ohne tatsächliche Einreise zu überwinden.

Vor unserer Abreise lassen wir uns noch ein bisschen Zeit und versuchen noch einige Punkte auf unserer „Ushuaia-to-do-list“ abzuarbeiten. Denn die Gegend hier hat noch so vieles zu bieten und hinter jedem Berg lauert eine noch schönere Laguna.

Und was haben wir für ein Glück, dass gerade jetzt die Bootstouren auf dem Beagle-Kanal wieder angeboten werden. So kommt Birgit doch noch zu ihrem lang ersehnten Pinguinausflug.

Nach einem Kampf mit dem Papierkram haben wir Anfang Jänner alle Dokumente zusammen und starten unseren Fluchtversuch, ich äußerst optimistisch, Klemens eher noch skeptisch.

Unser kleiner Ausflug wird allerdings an der Grenze San Sebastian sofort beendet. Die Transitregelung gilt nur für Argentinier. Wir als Ausländer müssen offiziell aus- und wieder einreisen. Da eine Einreise momentan für Ausländer aber nicht erlaubt ist, benötigen wir eine Spezialgenehmigung, die bestätigt, dass wir nach dem Transit durch Chile wieder in Argentinien einreisen dürfen. Denn in Chile dürfen wir ja auch nicht bleiben.

Witzigerweise wäre es aber kein Problem von Ushuaia aus nach El Calafate zu fliegen, da es sich ja um einen Inlandsflug handelt. Das muss man einmal verstehen. Nach Kontaktaufnahme mit unserer Botschaft und einem Hin und Her mit dem Außenministerium leiten wir alles so schnell wie möglich in die Wege.

Als wir dachten Ushuaia zu verlassen, waren wir schon etwas traurig, nun aber wieder zurückzufahren ist definitiv noch schwerer, haben wir uns doch schon auf eine Weiterreise gefreut und eingestellt. Wir lassen uns viel Zeit am Weg retour und sehen uns jeden Winkel der Insel an, wo wir noch nicht waren.

Das schöne Wetter und die Seen im Reserva Corazon de la Isla lassen uns den Rückschlag zum Glück gleich wieder vergessen und wir sammeln neue Motivation und Kraft für unseren nächsten Versuch.

Während wir auf unsere Papiere warten und jeden Tag einem neuen Problem mit den Behörden, auf chilenischer und argentinischer Seite begegnen, schwindet unsere Hoffnung doch ein wenig. Zum Glück zeigt sich Feuerland aber noch einmal von seiner schönsten Seite und überrascht uns mit sonnigen und warmen Tagen. Und wenn wir nicht gerade vor dem Laptop sitzen oder auf Neuigkeiten warten, zieht es uns hinaus in die Berge um Ushuaia.

Und dann ist es tatsächlich so weit und nach einem Ringen unserer Botschaft mit dem argentinischen Außenministerium, der Einwanderungsbehörde und der chilenischen wie auch argentinischen Botschaft auf Feuerland, können wir ein Datum für unsere Abreise vereinbaren und hoffen, dass auch die Papiere bis dorthin fertig werden.

11.2.2021, der Abend vor unserer geplanten Flucht: Da unsere Papiere nur für den morgigen Tag gültig sind, wollen wir uns noch heute zur Grenze aufmachen, um gleich in der Früh nach Chile einzureisen und die Transitetappe in einem Tag zu schaffen. Doch die argentinischen Behörden machen es noch einmal spannend. Erst nach ordentlichem Druck von unserer Botschaft erhalten wir kurz vor halb neun endlich die ersehnten Dokumente und schaffen es, diese in letzter Minute auszudrucken. Was für eine Erleichterung!

Nach unserer letzten Nacht auf Feuerland begleitet uns ein wunderschöner Sonnenaufgang auf unserem Weg zur Grenze. Und diesmal läuft alles glatt. Das Dokument des Außenministeriums ist wie ein Freifahrtschein und niemand will all den weiteren Papierkram sehen.

Auch die Einreise nach Chile ist kein Problem und nachdem wir die Magellanstraße mit der Fähre überquert haben, lassen uns die Argentinier am Festland auch tatsächlich wieder dort einreisen! Wir sind frei! Wir können unser Glück kaum fassen.

Übermütig und mit lachenden Gesichtern fahren wir in den Sonnenuntergang und am Horizont leuchten uns schon die Berge von El Chalten entgegen.