Die Provinz Neuquén hat einiges zu bieten, nach der Seenlandschaft im Süden ändert sich die Landschaft hier schlagartig. Der Weg führt nun durch Vulkanlandschaften und die für diese Gegend bekannten Araukarien oder Andentannen säumen die Straßen. Diese alten und langsam wachsenden Bäume sehen faszinierend aus. Schon von den Ureinwohnern wurden die Samen als Nahrung genützt. Heute ist die Baumsorte in großen Teilen Chiles und Argentiniens geschützt, da sich der Bestand leider durch Holzschlag sehr verringert hat.

Nach einer steilen Auffahrt mit unserm G genießen wir die Aussicht vom Vulkan Batea Mahuida und sehen uns den farbenfrohen Wasserfall Salto del Agrio an. Hier fällt der Río Agrio, welcher am Volcán Copahue entspringt, 50 m in die Tiefe. Umgeben von den dunklen Basaltwänden kommen die Farben noch mehr zur Geltung. Das grüne Moos und das Orange, welches vom sauren Wasser und den mitgeführten Mineralien wie Eisen und Schwefel herrührt, bilden eine wunderschöne Szenerie.

Mit einigen schönen Erinnerungen mehr im Gepäck, tuckeln wir wieder in den Norden. Der Vulkan Domuyo geht uns seit unserem letzten Besuch vor ein paar Wochen nicht mehr aus dem Kopf. Das Dach Patagoniens, nun komplett in Schnee gehüllt, thront mit 4.700 m Höhe hoch über uns. Auch wenn wir wissen, dass wir genau zur falschen Jahreszeit für eine Besteigung hier sind, wollen wir es versuchen.

Und dann verkündet Argentinien erneut einen Lockdown, diesmal für neun Tage. Wir packen unsere Sachen und düsen in die Berge. Wo könnte man den besser einen Lockdown verbringen?

Unser G bringt uns soweit er kann durch den tiefen Schnee Richtung Base Volcán Domuyo, doch dann heißt es Rucksäcke an und los gehts. Leider hat es noch keine durchgehende Schneedecke, sonst hätten wir zumindest unsere Ski wieder einmal ausführen können. Bis auf diese Tatsache fühlt es sich aber definitiv nach Winter an.

Der Weg hinein ins Tal zieht sich. Immer wieder müssen wir tiefe Schneefelder durqueren und das Stapfen durch den hohen Schnee kostet uns viel Kraft. Mit jedem Meter wird es kühler und der Wind stärker. Wir passieren das erste Lager und wollen es zumindest noch ein bisschen höher schaffen, um uns morgen ein paar Höhenmeter zum Gipfel zu sparen.

Als die Sonne schon untergeht, erreichen wir den Grat und suchen uns ein geeignetes Plätzchen, um unser Zelt aufzustellen. Was ja prinzipiell schnell getan ist, aber nun bläst der Wind so stark, dass wir das Zelt nur mit höchster Anstrengung aufbauen können. Die Temperaturen fallen rasch und als wir es endlich geschafft haben, verkriechen wir uns schnell in unsere Schlafsäcke. Alles, was wir nicht mit uns in den Schlafsack nehmen, friert innerhalb kürzester Zeit. Das ist wohl die kälteste Nacht, die wir je in den Bergen verbracht haben.

Der Wind zerrt an unserem Zelt und wir überlegen, ob es überhaupt Sinn macht, den Gipfel morgen anzugehen. Doch immerhin sind wir schon hier und so wollen wir es zumindest probieren.

Früh morgens packen wir unsere Sachen, der Wind hat etwas nachgelassen. Doch als wir das Zelt verlassen, schlägt uns die klirrende Kälte ins Gesicht. Zu dumm, dass wir vergessen haben auch unsere Schuhe über Nacht in den Schlafsack zu packen, denn die sind nun komplett steif gefroren. Noch im Dunkeln steigen wir den Grat höher hinauf, immer wieder unsere Füße schüttelnd, die wir bald kaum noch spüren. Und endlich beginnt der Tag. Die Stimmung ist gewaltig, der Himmel färbt sich rosa und hellblau und in den Wolken erkennt man den Schatten der Berge. Allein für diesen Moment haben sich die Mühen hier herauf schon gelohnt.

 Leider sind wir auf der falschen Bergseite und noch im Schatten und so sind unsere Blicke auf den sonnigen Sattel vor uns gerichtet.

Endlich die ersten Sonnenstrahlen! Doch gleich vergeht uns unser Grinsen, denn die Sonne wärmt uns so gar nicht und hier im Sattel tobt der Wind noch viel mehr. Hinter einem Felsbrocken kauern wir uns in die Sonne, gönnen uns ein kleines Frühstück und versuchen unsere Eisfüße aufzutauen. 500 Höhenmeter fehlen uns noch bis zum Gipfel, der von Schneefahnen umgeben genau über uns zu sehen ist. Der Weiterweg führt von der Scharte über einen steilen, schneebedeckten Hang, welcher durch den Windeinfluss nicht gerade ungefährlich wirkt.

Wir überlegen hin und her. Doch schließlich entscheiden wir uns umzudrehen und könnten unsere Füße für sich sprechen, hätten sie vermutlich laut gejubelt.

Schweren Herzens lassen wir den Domuyo hinter uns. So ist das eben, manchmal muss man auch die Stärke haben umzudrehen. Doch immerhin haben wir es versucht. Mit jedem Meter abwärts wird es etwas wärmer und leichter und als wir an den Hängen die für den Domuyo bekannten Fossilien entdecken, ist schon alles vergessen.

Nun ist es soweit, nach 506 Tagen verlassen wir Patagonien.. eine neuer Abschnitt und wir sind bereit für den Norden Argentiniens!